96 Millionen Euro sind in den Jahren 2012 bis 2019 in die Förderung öffentlicher touristischer Infrastruktureinrichtungen geflossen. Über das sogenannte RÖFE-Programm sollen die Kommunen die Möglichkeit bekommen, ihre Tourismusinfrastruktur attraktiver zu gestalten und damit ihre Wirtschaftskraft zu steigern. Der Oberste Rechnungshof (ORH) hat diese Förderung unter die Lupe genommen und dabei eine ganze Reihe an Defiziten festgestellt, die er in seinem Jahresbericht veröffentlicht hat:
- Die Bezirksregierungen haben in zahlreichen Fällen die Fördervoraussetzungen nicht ausreichend geprüft und dokumentiert. Laut ORH hätten mindestens drei Anträge nach den Richtlinien gar nicht bewilligt werden dürfen.
- Bei Auftragswerten von 1,2 Millionen Euro wurde gegen Vergaberecht verstoßen.
- In über zwei Dritteln der Fälle wurde der Förderhöchstsatz von 50% angehoben, teilweise ohne ausreichende Begründung. Diese Anhebung des Höchstsatzes ist aber nur in Ausnamefällen erlaubt.
- Die Barrierefreiheit der geförderten Projekte wurde nicht immer sichergestellt, obwohl dies laut Richtlinien vorgeschrieben ist. Wie die Söder-Regierung so die Barrierefreiheit des öffentlichen Raumes bis 2023 erreichen will, ist fragwürdig.
- Die Bezirksregierungen haben keine Parameter definiert, um den Zuwendungszweck zu überprüfen. Teilweise wurde gar ohne Begründung festgestellt, der Zweck, die touristische Infrastruktur zu optimieren, sei erreicht.
Auch das Wirtschaftsministerium führt bis heute keine Erfolgskontrolle durch, obwohl das Programm bereits seit den 1970er Jahren besteht. Wie der ORH bemängelt hat das Ministerium zudem 2017 die Förderung von Loipen und Loipenspurgeräten vom Umweltministerium übernommen, ohne die wirtschaftliche Nachhaltigkeit und den Nutzen für den Tourismus kritisch zu hinterfragen. Gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise empfiehlt der ORH dringend eine Evaluation.
Auch in der Antwort auf meine schriftlichen Anfrage zur Tourismusfinanzierung fällt auf, dass sich sehr viele Fahrzeuge für kommunale Bauhöfe und Loipenspurgeräte in der Förderliste befinden. Nachdem auch wir Grüne den direkten Nutzen für einen nachhaltigen Tourismus hier nicht sehen, habe ich auch in einem Änderungsantrag zum Haushalt die Kürzung der von der Staatsregierung sogar erhöhten RÖFE-Mittel gefordert. Bayerische Steuergelder sind in Konzepten zur Besucher*innenlenkung und zum Verkehrsmanagement weitaus besser angelegt. Denn hier können sie einen wirklich nachhaltigen Tourismus vorantreiben und gleichzeitig Kommunen unterstützen.
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