Am 25. März durchsuchte die Polizei in Begleitung eines Staatsanwaltes und des Erlanger Rechtsreferenten die Fraktionsräume der Grünen/Grüne Liste-Stadtratsfraktion. Die Durchsuchung fand außerhalb der Bürozeiten statt, Mitglieder der Grünen Fraktion wurden weder hinzugezogen noch informiert. Mitgenommen wurden ein PC und Notebooks der Stadtratsfraktion. Über diese Geräte besteht Zugriff auf interne Daten und die E-Mail-Kommunikation der gesamten Stadtratsfraktion. Die tägliche Arbeit der Fraktionsgeschäftsstelle wurde durch das Fehlen der PC-Ausstattung für mehrere Tage erheblich eingeschränkt.
Begründet wurde die Durchsuchung damit, dass einem Stadtratsmitglied vorgeworfen wurde, Beihilfe zur Veröffentlichung von Fotos von Funktionär*innen der AfD auf einer öffentlichen AfD-Veranstaltung im Internet geleistet zu haben. Der ursprüngliche Vorwurf, das Stadtratsmitglied habe diese Bilder selbst veröffentlicht und damit eine Verletzung des „Rechtes am eigenen Bild“ begannen, war zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits fallen gelassen worden. Durch das Landgericht Nürnberg-Fürth wurde nach wenigen Tagen klargestellt: Die Durchsuchung war rechtswidrig, die beschlagnahmten Computer wurden zurückgegeben. Das Landgericht bezweifelt in seiner Begründung, ob man überhaupt auch nur einen Anfangsverdacht unterstellen durfte.
Viele Fragen bleiben allerdings offen, die nicht nur die kommunale Ebene betreffen. Daher habe ich mich mit drei Schriftlichen Anfragen an die Staatsregierung gewandt. Einen echten Willen zur Aufklärung kann ich in den Antworten der Staatsregierung jedoch leider nicht erkennen. Noch immer bleibt im Dunkeln, wie es überhaupt zur Erstattung der Anzeige kam.
Und auch wichtige Fragen zur Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung bleiben offen: Im Rahmen von Ermittlungen bei vermuteten Verstößen gegen das Kunsturheberrecht eine Durchsuchung anzuordnen, erscheint für sich genommen schon als ein außergewöhnlich scharfes Vorgehen. Zumindest kann die Staatsregierung auf Anfrage keinerlei vergleichbare Fälle nennen. Sind Organe der kommunalen Selbstverwaltung betroffen, ist besondere Sorgfalt gefragt: Denn kommunale Fraktionen genießen zwar formell keinen besonderen Schutz, aber sie verdienen unseren besonderen Respekt! Die besondere Brisanz der Durchsuchung war der Staatsanwaltschaft offensichtlich bewusst, hat doch der zuständige Vertreter an der Durchsuchung teilgenommen, was im eigenen Ermessen liege. Doch die „Abwägung“, die im Vorfeld stattfand und auf die die Staatsregierung in der Antwort auf meine Anfrage verweist, ob auch die Durchsuchung von Fraktionsräumen verhältnismäßig sei, scheint dennoch nicht sonderlich sorgfältig durchgeführt worden zu sein. Anders lässt es sich schwer erklären, dass die Durchsuchung im Nachhinein sehr zügig vom Landgericht für rechtswidrig erklärt wurde.
Mit dieser schmallippigen Antwort der Staatsregierung gebe ich mich nicht zufrieden. Der Eindruck, dass demokratisch gewählte Volksvertreter*innen in ihrer Arbeit behindert und durch Sicherheitsbehörden eingeschüchtert wurden, konnte leider nicht ausgeräumt werden. Das ist Gift für eine offene, demokratische Gesellschaft. Der Vorgang muss aufgeklärt werden.
Entsprechende Nachfragen habe ich bereits bei der Staatsregierung eingereicht. Mal sehen, ob im zweiten Anlauf für Klarheit gesorgt werden kann.
Hier können die Antworten auf die Schriftlichen Anfragen nachgelesen werden:
Rechstwidrige Durchsuchung in grüner Stadtratsfraktion Erlangen I – Ermittlungsverfahren
Rechstwidrige Durchsuchung in grüner Stadtratsfraktion Erlangen II – Durchsuchung
Rechstwidrige Durchsuchung in grüner Stadtratsfraktion Erlangen III – Verhältnismäßigkeit
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