Besucher*innenlenkung beschäftigt mich im Landtag schon länger. Gerade im Alpenraum wird immer wieder von Konflikten zwischen Gästen an touristische Hotspots, Einheimischen und der Natur berichtet. Im Oberland gibt es einige solcher Hotspots. Mein MdL-Kollege von vor Ort, Hans Urban, hat mich deshalb zu einem Tag ganz im Zeichen des Tourismus eingeladen.
Die Verantwortlichen des Pilotprojekts „Bergsport Mountainbike – nachhaltig in die Zukunft” des Deutschen Alpenvereins (DAV), Projektleiter Benjamin Trotter und Nicolas Gareis, Mountainbike-Verantwortlicher beim DAV-Bundesverband, haben uns auf eine Tour auf den Blomberg mitgenommen. Vor Ort zeigten sie uns worum es in der Praxis geht, wo Chancen und Konflikte beim Mountainbike-Tourismus liegen. Dabei wurde ganz deutlich: Eine erfolgreiche Besucher*innenlenkung lebt nicht von Verboten, sondern auch von attraktiven Angeboten. Auf diese Weise könnten wir sensible Gebiete schützen und geeignete Zonen interessant für Mountainbiker*innen gestalten, so die Hoffnung.
Mountainbiken als wachsender Trend
Hinzu kommt, dass es in den vergangenen Jahren verschlafen worden ist, sich auf neue Entwicklungen im Aktivtourismus einzustellen. Mountainbiken ist seit den 1990er Jahren ein wachsender Trend. Dass dies früher oder später zu Konflikten führen würde, wenn aus einem Mangel an legalen Abfahrten illegale Trails angelegt werden, sich Wandernde und Mountainbiker*innen in die Quere kommen, Haftungsfragen für Bergbäuerinnen und Bergbauern und Waldbesitzer*innen unsicher sind, war zu erwarten. Hier hätte auf politischer Ebene längst mehr passieren müssen. Es ist allerhöchste Zeit, aufzuklären und Strategien zum nachhaltigen Tourismus umzusetzen. Oberstes Ziel des DAV-Projekts: eine Atmosphäre des verständnisvollen Miteinanders und Respekts unter allen Beteiligten vor Ort erzeugen und eine Diskussion auf Augenhöhe ermöglichen. Dies geschieht auch in Form von Runden Tischen, bei denen der DAV versucht, die emotionalen Debatten zu versachlichen, wie uns Benjamin Trotter erzählte. Basierend auf dem „shared trail“-System will der DAV Wege ausschildern, um Hotspots zu entlasten und die Besucher*innen zu lenken. Ich bin schon auf die Ergebnisse zum Ende des Projekts im kommenden Jahr gespannt.
Nach der Tour am Blomberg ging es weiter zur Coworkerei in Gmund am Tegernsee, einem der ersten Coworking-Spaces im Oberland. Anja Freitag und Florian Hornsteiner von der Eventagentur flowmotion stellen hier bis zu 20 Coworking-Arbeitsplätze und vier Besprechungsräume in ihrem ökologischen Holzhaus zur Verfügung. Die Coworkerei ist seit 2015 zu einem Ort für Innovation und Kreativität im Oberland geworden.
Ein faires Miteinander ist möglich
Bei unserem Besuch stand der Austausch mit Tanja Brunnhuber im Mittelpunkt. Die Diplom-Geographin ist Expertin für Tourismusmarketing, Fahrradtourismus und Aktivtourismus. Brunnhuber ist mit ihrer Beratungsagentur Schnittstelle zwischen Kommunen und Touristikern und hat sich Wertschöpfung für die Region, langfristigen Mehrwert und eine gesunde Regionalentwicklung auf die Fahnen geschrieben. Für uns besonders interessant war ihre Erfahrung in Sachen Mountainbike-Tourismus. Brunnhuber bestätigte, dass aus ihrer Sicht ein faires Miteinander von Wandernden und Mountainbiker*innen durchaus möglich ist. So wie das beispielsweise in Graubünden in der Schweiz passiert, wo „shared trails”, als geteilte Wege zwischen Wanderern und Radlern, der Standard seien. Die Prämisse lautet „Fairtrail”, also gegenseitige Rücksichtnahme, Toleranz und ein fairer Umgang miteinander.
Ich bin überzeugt: Wir müssen helfen das Kirchturmdenken zu beenden und mehr Kooperation in touristischen Fragen anstreben. Dafür braucht es auch verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Staatsregierung, die die Kommunen bei den drängenden Fragen nicht alleine lassen darf. Hier ist auch der Freistaat in der Pflicht. Es braucht maßgeschneiderte Konzepte für einzelne Landkreise und Kommunen, eine nachhaltige Tourismuslenkung kann aber nur mit einem überregionalen Blick gelingen. Und hier bleibt noch viel zu tun!
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